Scharfe Kritik an AfD-Antrag zur deutschen Kulturpolitik im Bundestag

Blick auf die Dresdner Semperoper. Foto: Michael Fertig /Pixabay
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Berlin. Die AfD hat am Donnerstag die Gemüter vieler Bundestagsabgeordneten erhitzt. In ihrem Antrag sprach sich die Partei dafür aus, die Kulturpolitik in Deutschland grundsätzlich neu auszurichten. Sie sieht eine „Schuld- und Schamkultur“, welche in der Öffentlichkeit vorherrschen würde. Die Partei will einen Schwerpunkt auf positive Teile der deutschen Kultur und Geschichte gesetzt haben. Keine Nation könne auf Dauer „mit einem ausschließlich negativen Selbstbild“ überleben, so der AfD-Abgeordnete Marc Jongen in der Plenardebatte.

Die AfD kritisiert im Antrag eine „ideologisierte Kulturförderpolitik“, die sich nach ihrer Auffassung mit der neuen Ampel-Koalition auf Minderheiten, eine „Cancel Culture“, den Postkolonialismus, „Antirassismus“, „Antifaschismus“, „Diversität“ und „Gender Mainstreaming“ konzentriere.

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Sie fordert eine differenzierte Sicht auf den deutschen Kolonialismus in Politik und Schulen. Die Bundesregierung solle etwa im Dialog mit Vertretern afrikanischer Länder, die unter deutscher Kolonialherrschaft gestanden haben, auch auf positive Errungenschaften wie die Eisenbahn-Infrastruktur hinweisen, so die AfD. Die Rückgabe von „Milliardenwerten an Kulturgütern“ an ehemalige Kolonialländer lehnt sie aufgrund der unklaren Rechtslage ab.

Scharfe Kritik von SPD und FDP

Der SPD-Abgeordnete Helge Lindh nahm den Antrag zum Anlass, um zu fragen, „wo Spuren von der AfD“ in der gesellschaftlichen Mitte zu finden seien und wo man sich selbst „kleine vermeintliche Rassismen“ im Alltag erlaube. Der Vorschlag, eine Kommission zur Rückgabe von Kulturgütern zu bilden und diese nach Gustav Nachtigall zu benennen, der laut Lindh für die Kolonialisierung im Kaiserreich verantwortlich gewesen sei, sei dabei „die krasseste, widerlichste, unerträglichste Provokation“ der AfD. Er warf der Partei vor, „Alltagsrassismus“ zum Standard ihrer Politik gemacht zu haben.

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Der CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling ging nur zu einem geringen Teil auf den Inhalt des Antrags ein. Er warf der AfD ein „Unvermögen“ vor, geschehenes Unrecht „zeitgemäß“ zu bewerten. Heveling sprach sich für die Rückgabe von historischen Kulturgütern wie Ausstellungsstücken an die Herkunftsländer aus und betonte den breiten Konsens in diesem Punkt im Bundestag.

Linken-Abgeordnete bezweifelt, dass es deutsche Kultur gibt

In den Augen von Janine Wissler (Linke) verkomme die Kultur nach AfD-Vorstellung „zu einer armseligen, biederen, völkischen Sache“. Sie warf ihr ein statisches, „faschistoides“ Verständnis von Kultur vor. Das Kulturverständnis der AfD stehe „in der Tradition der Bücherverbrennung“.

Wissler bezweifelte, dass es eine deutsche Kultur gebe. Eine Leitkultur, der sich andere Kulturen unterordnen sollen, lehnte sie ab. Die Linken-Abgeordnete verwies auch auf Anträge mehrerer AfD-Landtagsfraktionen zur Entlassung von Theater-Intendanten und zur Kürzung von Fördermitteln für Theater, die etwa „linke Propaganda“ betreiben würden.

Anikó Glogowski (FDP) sah in dem Antrag „einen Angriff auf alles, was in einer liberalen, offenen Gesellschaft als selbstverständlich gilt“. Mit Blick auf eine „genderneutrale Sprache“ und „Geschlechtergerechtigkeit“ warf sie der AfD vor, ihre Vorstellungen seien anachronistisch und nicht zeitgemäß. Die Partei fürchte sich vor „Partizipation, Teilhabe und Repräsentation“ in einer liberalen Gesellschaft und „davor, was zu einer offenen Gesellschaft mit all ihren Ausprägungen gehört“.

Kulturelle Identität sei ein wandelbarer Begriff und müsse sich an der Wirklichkeit orientieren, sie bestehe aus zahllosen Erzählungen, die man annehmen, aber auch kritisch infrage stellen könne. Nicht jede Veränderung sei dabei ein Angriff auf die kulturelle Identität, so Glogowski.

Die komplette Bundestagsdebatte ist hier zu sehen.

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