Kommentar: Corona-Pandemie – Wer soll hier wem verzeihen?

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Der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fordert in seinem gleichnamigen Buch: „Wir werden einander viel verzeihen müssen.“ Doch schnell stellt sich die Frage, wer unter den Corona-Maßnahmen besonders gelitten hat und verzeihen soll.

Geimpfte führen teils an, sie hätten sich aus Angst um ihre Gesundheit und ihre Verwandten impfen lassen. Einige taten dies, weil sie die Freiheiten, welche die Corona-Maßnahmen ihnen entrissen haben, wiedererlangen wollten. Als sich die meisten Ungeimpften auch nach einem Jahr nicht impfen lassen wollten, führte das zu aggressiven Reaktionen.

„Ungeimpfte dürfen als Minderheit nicht die Mehrheit terrorisieren“

Frank Ulrich Montgomery, der Vorstandsvorsitzende des Weltärzteverbandes, sprach von einer „Tyrannei der Ungeimpften“. Die FDP-Politikerin Maria Agnes Strack-Zimmermann erklärte: „Ungeimpfte dürfen als Minderheit nicht die Mehrheit terrorisieren“. Der FC Bayern-Präsident Uli Hoeneß meinte: „Man muss diese Leute konsequent ausgrenzen.“ Auf Twitter wetterte eine Wutbürgerin gar: „Wir werden euch jagen. Wir werden euch verachten und ausgrenzen.“

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Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender und Chef der Bundestagsfraktion, forderte noch im November 2021 gegenüber dem RND: „Wer nicht geimpft oder genesen ist, kann dann nur noch zur Apotheke, in den Supermarkt und zum Arzt“. Er sprach sich zudem dafür aus, dass „mit konsequenter 2G-Regelung“ den Ungeimpften auch der Zugang zur Arbeit verwehrt werden solle.

Hintergrund dieser extremen Forderungen und Diskriminierung von Ungeimpften war das Credo, dass den Bürgern ihre vom Grundgesetz garantierten Freiheiten nur dann wieder in vollem Umfang gewährt werden sollten, wenn alle sich hätten impfen lassen. „Impfen ist der einzige Weg aus der Pandemie“, twitterte etwa MV-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig wiederholt.

Wer soll hier wem verzeihen?

Während Geimpfte den Ungeimpften also vorwarfen, wegen ihnen weiterhin Zwangsmaßnahmen wie 2G-Nachweise, drohende Lockdowns und Maskenpflicht ertragen zu müssen, mussten Ungeimpfte Stigmatisierungen als „Schwurbler“, „Covidioten“ und „Verschwörungstheoretiker“ ertragen, die Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben und Diskriminierungen erleiden.

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Ungeimpfte konnten zusätzlich zu den Lockdowns wegen bestehender 2G-Regelungen ein Jahr lang keine Discothek, kein Theater, kein Kino, kein Restaurant und Café von innen besuchen. Teils wurden sie gedrängt, sich permanent testen oder gar impfen zu lassen, um ihrer Arbeit in vollem Umfang – etwa wegen Einreisebeschränkungen im Ausland oder Zugangsbeschränkungen zu Pflegeeinrichtungen – nachkommen zu können.

Wenn hier eine Gruppe von Menschen verzeihen soll, dann sind es am ehesten die Ungeimpften, die über alle Maße von der Mehrheit der Bevölkerung und insbesondere der Politik mit Verachtung gestraft und ausgegrenzt wurden. Doch können Ungeimpfte das große Unrecht, das ihnen widerfahren ist, verzeihen?

Es ist zumindest sehr schwer, solange Geimpfte sich nicht entschuldigen und die Politik nicht versucht, Wiedergutmachung zu leisten. Die Nachricht, dass eine kanadische Premierministerin sich im Oktober 2022 offiziell bei Ungeimpften entschuldigte, ging denn auch viral und vielen Ungeimpften runter wie Öl. Das ist ein Hinweis darauf, was viele Ungeimpfte erwarten. Schließlich wurden sie jahrelang wie Aussätzige behandelt.

Bevor man verzeihen kann, muss zunächst jemand um Verzeihung bitten

Bevor man verzeihen kann, muss zunächst jemand um Verzeihung bitten. Solange dies nicht geschieht, werden viele Betroffene auch nicht verzeihen. Es reicht nicht, von Fehlern zu sprechen. Es muss echte Reue gezeigt werden.

Andernfalls könnte sich das erlebte Unrecht bei vielen Ungeimpften in einer generellen Ablehnung der Politik, Ärzte und Vorurteilen gegenüber den Menschen manifestieren, die sie einst stigmatisiert und diskriminiert haben.

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Darüber hinaus dürfen alle Bürger eine Entschuldigung von Politikern erwarten, weil sie jahrelang Corona-Zwangsmaßnahmen erdulden mussten und während der Lockdowns vollständig um ihre täglichen Freiheiten gebracht wurden.

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